Unsere Präsentation wird von Kurator Walter Seidl begleitet.
Die Arbeiten von Mira Klug untersuchen das Dispositiv der Fotografie auf die Möglichkeiten einer veränderten Repräsentation von Wirklichkeit, bei denen die Künstlerin manipulativ in die Bildinhalte eingreift. In ihren Serien
verweist Klug auf organische Elemente, die aus ihrem ursprünglichen Kontext losgelöst in neue Bedeutungszusammenhänge gebracht werden und oft in mehrfacher Weise in den einzelnen Bildformationen auftauchen, wobei Momente von Erinnerung und Rekonstruktion ins Treffen geführt werden.
Dies gilt etwa für die Fotoserie „Leibliches Ornament“, bei der in einem Stück gepresste Mandarinenschalen zu einem Muster bzw. kunsthistorisch betrachtet „Ornament“ zusammengefügt werden und variable Kompositionen ermöglichen. Die Wandarbeit besteht aus 14 Teilen, von denen jedes eine eigenständige Fotografie darstellt. Diese Multiplizität führt zur Verinnerlichung einer in der Vergangenheit mehrfach ausgeführten Handlung, die aufgrund der schwarz-weißen Komponente eine abstrakte Ästhetik aufweist.
In der Serie „verkörpert“ werden verflachte Mandarinenhäute als Schnittmuster auf Rehleder übertragen,
zusammengenäht und mit Latex und Aquarellfarbe beschichtet. Klug referenziert hier auf das Erinnerungspotential bzw. auf längst „Verspeistes und Verdautes,“ das symbolisch vergegenwärtigt wird und die Mandarinen wieder aufleben lässt. Im Inneren dieser Bälle befindet sich fruchtbarer Vulkansand des Ätnas, der einen unsichtbaren Inhalt markiert und in wenigen Bällen auch aus Mandarinensamen besteht, um eine mögliche Erneuerung der Früchte zu implizieren.
„Disembodied Hands“ bezieht sich auf historische Versatzstücke, in diesem Fall Relikte des Türkenbefreiungsdenkmals aus dem Wiener Stephansdom, die nach dem Brand von 1945 übriggeblieben waren. In teilweise Hautton-kolorierten, jedoch ursprünglichen Stills aus schwarz-weißen Archivaufnahmen zeigt die Künstlerin reale Hände, die versuchten, die kaputten Statuen dieses Denkmals zu reparieren, sowie die Hände der Statuen selbst, wodurch sich Fragen nach dem Prozess der gegenseitigen Beeinflussung stellen. Menschen- und Steinhände werden bildhaft eins und verweisen auf Vergänglichkeit sowie historische Transformationsprozesse.
Eine weitere manipulative Geste zeigt sich in der Doppelbelichtung „verortet“, bei der ein Bauch auf einer stilisierten Hausfassade prangert. Das Haus als architektonisches Fixum steht synonym für die Beständigkeit von Orten und ihr Identifikationspotential. Auch hier vermengt die Künstlerin organische mit anorganischen Materialien und fokussiert unterschiedliche Momente, die in eine Fotografie-basierte Realitätsebene übertragen werden.
Text von Walter Seidl